In Sachen sexueller Missbrauch hat die katholische Kirche nach wie vor keine Einsicht in die Brisanz solcher Übergriffe. Das zeigt der Fall des zurückgetretenen Riehener Pfarrkandidaten
Bild: Bistum Basel
Es ist unglaublich, dass nach den vielen sexuellen Übergriffen, die in den vergangenen Jahren weltweit bekannt geworden sind, in der Riehener Pfarrei bei der Wahl eines neuen Pfarrers vom Bischof Informationen über den sexuellen Übergriff des Kandidaten verheimlicht worden sind.
Auf der einen Seite offiziell »Nulltoleranz«, »Anzeigepflicht« und «Einrichtung eines Genugtuungsfonds« und auf der anderen Seite die altbekannte Vertuschung und Verharmlosung.
Es mutet in diesem Zusammenhang geradezu zynisch an, von Bischof Felix Gmür zu vernehmen, jeder Mensch habe »eine zweite Chance« verdient.
Der Sprecher des Bischofs, Hansruedi Huber, hat es auf den Punkt gebracht, wenn er seine Bedenken gegen die Wahl in die Worte gefasst hat, das sei »imagemässig« ein No-Go. Genauso ist es: Nach wie vor haben in der katholischen Kirche kein Umdenken und keine Einsicht in die Brisanz solcher Übergriffe stattgefunden, sondern es geht nur um das «Image«.
Kein Gedanke an die Opfer, keine Hilfe für den Pfarrer – er braucht fachliche Hilfe und keine »zweite Chance« – und keine selbstkritische Reflexion darüber, dass die Gründe für die Übergriffe nicht zuletzt auch in den Strukturen und der Sexualmoral der katholischen Kirche liegen.
Udo Rauchfleisch ist Professor emer. an der Universität Basel für Klinische Psychologie sowie Gastprofessor an verschiedenen in- und ausländischen Universitäten und Fachschulen